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Von Arcmedia AG Davide Cortese

Wärmetherapie im Sport zur Prävention und Rehabilitation

 

Die Behandlung mit Wärme hat eine lange Tradition. Schon im alten Griechenland und bei den Römern wurden therapeutische Wärmeanwendungen in Form von Saunen und Thermalbädern beschrieben – oder durch das Auflegen von heissen Steinen.

Wärme im Sport wird zur Therapie von schmerzenden Gelenken und Körperregionen, zur Steigerung des Stoffwechsels und zur Unterstützung der Heilungsvorgänge verwendet.

Ziele und Indikationen

Bei Sportverletzungen wird die Erstbehandlung nach wie vor mit Kälte nach dem Rest-Compression-Elevation-Schema (RICE) durchgeführt.

Schon nach kurzer Zeit und in Abhängigkeit von Indikation wird die Behandlung mit Wärme fortgesetzt.

  • Reduktion der Muskelkaterbeschwerden
  • Reduktion der Schmerzen (Bindegewebe, Muskeln, Gelenke)
  • Reduktion der Muskel- und Gewebeverspannungen
  • Förderung der Durchblutung und des (lokalen) Stoffwechsels
  • Förderung und Beschleunigung der Heilungsprozesse
  • Förderung der Beweglichkeit durch veränderte viskoelastische Eigenschaften der erwärmten Gewebe  (u.a. reduzierte Viskosität; reduzierte Gelenkssteifheit; Zunahme der Gewebselastizität)
  • Förderung der psychischen Entspannung

Anwendungsformen der Wärmetherapie

Bei der Wahl des Verfahrens ist es von Bedeutung, wo und in welcher Tiefe die Schädigung liegt, und wie tief die Wärme in das Gewebe eindringen soll.

Zum Beispiel verfügt feuchte Wärme über eine höhere Wärmeleitfähigkeit als trockene. Ferner müssen festgelegt werden, wie hoch die Temperatur sein soll sowie die Grösse der zu erwärmenden Fläche und die Dauer der Einwirkung.

Wärmende Salben“ sowie herkömmliche „Wärmepflaster“ bewirken zwar das Gefühl der Erwärmung, die chemischen Substanzen führen jedoch zu keiner bedeutsamen Erwärmung der Haut, des Bindegewebes oder der Muskulatur und werden daher nicht als Wärmeanwendung klassifiziert. 

Wirkung der Wärmetherapie

Durch moderne technische Verfahren wie z.B. mit Thermokameras, Infrarotthermometer, Near Infrarot Spektrografie, Laser Speckle Imager, Myotonie, spezielle Ultraschallverfahren oder Elektromyografie können Wirkungen von Wärmeanwendungen nachgewiesen werden. Dazu gehören u.a.:

  • Veränderungen der Hauttemperatur und der darunter gelegenen Gewebe
  • Veränderungen der Gelenkbinnentemperatur bei Gelenken mit geringer Gewebsüberdeckung (Hand; Sprung- und Fussgelenke)
  • Veränderungen der Gefässreaktionen (Gefässdilatation mit erhöhter Durchblutung)
  • Veränderungen der Durchblutung der Haut und der darunter gelegenen Gewebe
  • Veränderungen der mechanischen Gewebespannung und der visko-elastischen Eigenschaften
  • Veränderungen der elektrischen Aktivierung der Muskulatur (Tonussenkung)
  • Veränderungen der Gelenkbeweglichkeit (Range of Motion)
  • Veränderungen der Schmerzempfindungen

Erhöht man die Gewebetemperatur wird mit einer ca. zwei- bis dreifachen Steigerung des lokalen Stoffwechsels gerechnet.

Durch die verstärkte Durchblutung werden verstärkt Stoffwechselzwischen- und Endprodukte abtransportiert und die zur Heilung benötigten Stoffe wie Sauerstoff und Nährstoffe an den Ort der Heilungsvorgänge transportiert. Die entzündlichen Prozesse im heilenden Gewebe gehen zurück; der pH-Wert normalisiert sich. Die Muskulatur wird entspannt, Reflexaktivität und Verkrampfung sind reduziert und die Dehnfähigkeit der Gewebe nimmt zu; bei Rückenschmerzen konnte gezeigt werden, dass im Vergleich zur oralen Schmerztherapie (Schmerztabletten) die Wärmetherapie schneller wirkt

Wärmetherapie ist bei korrekter Anwendung fast nebenwirkungsfrei, sie sollte nicht bei Wunden angewendet werden, da eine erhöhte Infektionsgefahr besteht. Auch bei akut-entzündlichen Prozessen wie z.B. entzündlichem Rheuma und bei akuten Erkrankungen, die mit einer körpereigenen Wärmeentwicklung einhergehen, sollte Wärme – wenn überhaupt – nur zurückhaltend eingesetzt werden (lokale Entzündungen, Rötung, Überwärmung, Fieber).

Erfahrungen aus der Praxis - Wärmetherapie

In der Praxis des Hochleistungssports haben wir mit der Anwendung therapeutischer Wärme positive Erfahrungen gemacht, zumal Wärmetherapie leicht zugänglich,  kostengünstig und die Wirksamkeit durch wissenschaftliche Studien unterlegt ist („Evidence Based Medicine“).

In den letzten Jahren wurden Wärmeumschläge entwickelt, die für ca. 8 Stunden eine trockene, therapeutisch wirksame Wärmeabgabe leisten. Sie können vom Sportler selbst angelegt werden und bieten neuartige Möglichkeiten:

  • In Absprache mit Arzt und Physiotherapeut ist durch den Sportler eine (ergänzende) Selbstbehandlung möglich; die Abhängigkeit sowohl von medizinischem und therapeutischem Personal als auch von teurem Gerät wird reduziert.
  • Behandlungen von Sportverletzungen können (von zu Hause aus) durch die Anlage von Wärmeumschlägen vor- und nachbereitet werden; eine kontinuierliche Wärmezufuhr über z.B. die gesamte Nacht ist problemlos möglich.
  • Durch gezielte passiv-lokale Wärmebehandlungen können Therapie- und Trainingsmassnahmen vorbereitet, begleitet oder nachbereitet werden (z.B. durch eine bessere Beweglichkeit; Reduktion von Schmerz; temperaturbeeinflusste Förderung von Heilungsprozessen; etc.)
  • Sportler mit chronischen Schädigungen können die Wärmeumschläge während des Trainings tragen. Insbesondere bei Fussballspielern mit Beschwerden im lumbo-sakralen Übergang haben sich diese Anwendungen während der kalten Jahreszeit bewährt.
  • In der Praxis hat sich eine Kombination von Wärme und Medikamenten (Muskelrelaxantien) – z.B. bei Muskelverspannungen (Tonuserhöhungen) bewährt.

Unübliche, aber sinnvolle Möglichkeiten bietet die Nutzung von Wärmeumschlägen auch im Mannschaftssport für Ersatzspieler, um Füsse, Hände oder andere Körperregionen in der kalten Jahreszeit warm zu halten. In Zukunft sollte überprüft werden, ob Wärme auch eine präventive Wirkung hat – z.B. gegenüber Schmerzen oder Muskelverletzungen.

 

Literatur

  1. Rennie, S. and S.L. Michlovitz, Therapeutic heat, in Modalities for Therapeutic Intervention, S.L. Michlovitz, J.W. Bellew, and T.P. Nolan Jr., Editors. 2012, F.A. Davis Company: Philadelphia.
  2. Freiwald, J., Rehabilitation after athletic injuries, in Sports Orthopedics. Official Manual of GOTS, M. Engelhard and A. Dorr, Editors. 2011, Neunplus1: Edition Medizin: Berlin. p. 687-709.
  3. Petrofsky, J., et al., Vergleich von Wärmeumschlägen, Creme und Pflaster zur Beurteilung der Erwärmung der Gewebe, in Deutscher Schmerzkongress. 2009: Berlin.
  4. Warnecke, J., et al., Evaluation of haemoglobin changes of skin and muscle tissue of the calf induced by topical application of a nonivamide / nicoboxil cream. Clinical and Biomedical Spectroscopy and Imaging, 2011.
  5. McCarberg, B.H., Acute back pain: benefits and risks of current treatments. Curr Med Res Opin, 2010. 26(1): p. 179-90.

 

Über den Autor

Prof. Dr. Jürgen Freiwald ist Leiter des  Arbeitsbereichs Bewegungs- und Trainingswissenschaft am Institut für Sportwissenschaft der Bergischen Universität Wuppertal. In der Fussball-Bundesliga war der Sportwissenschaftler unter anderem bei Hannover 96 und Schalke 04 als Koordinator für Leistungsdiagnostik, Konditionstraining, Prävention und Rehabilitation tätig. In der Prävention und Rehabilitation von Sportlern ist er ausgewiesener Experte, was durch vielfältige nationale und internationale Publikationen im Themenbereich unterlegt ist.

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