· Von Sonia Cortese
Rückenfit durchs Leben: Haltungsschäden vorbeugen
Was sind Haltungsschäden?
Der gesamte Bewegungs- und Stützapparat des Menschen – dazu gehören Muskeln, Bänder, Knochen und Gelenke – kann von Haltungsschäden betroffen sein. Eine unnatürliche Dauerbelastung schädigt vor allem die Wirbelsäule. Entsprechend ist das Hauptsymptom von Haltungsschäden der Rückenschmerz. Rückenschmerz ist eine Volkskrankheit, unter der die meisten Menschen in ihrem Leben einmal leiden. Oft gehen die Beschwerden schon nach kurzer Zeit vorüber. Wird die Ursache des Schmerzes aber nicht beseitigt, kann sich daraus allerdings eine chronische Schmerzkrankheit entwickeln. Rückenschmerzen sind in der Schweiz leider der häufigste Grund für Arbeitsunfähigkeit und Frührenten-Entscheide.
Die Beschwerden beginnen mit Reizungen der Wirbelsäule und ihrer umgebenden Muskeln durch eine lang andauernde, einseitige Belastung und Überlastung. Schmerzreize aus den überlasteten Gelenken führen zu einer Schonhaltung mit Verkrampfungen der Muskulatur, wodurch die Bewegungsfreiheit der Wirbelsäule eingeschränkt wird.
Ober- und unterhalb des betroffenen Bereiches sind die Gelenke dagegen besonders beweglich, um das Bewegungsdefizit auszugleichen. Dadurch werden auch diese Gelenke überlastet und blockieren schliesslich. Nach und nach wird auf diese Weise die gesamte Wirbelsäule in Mitleidenschaft gezogen. Der muskuläre Stützmantel der Wirbelsäule kommt dabei aus dem Gleichgewicht, denn an Stellen mit schmerzhafter Verkrampfung entwickeln sich starke Muskelpakete, und an der Gegenseite nimmt die Muskelmasse immer weiter ab. Die Fehlhaltung wird dadurch fixiert und verschlimmert sich noch: Es entsteht ein Teufelskreis.
Obwohl anfangs keine Schäden an Knochen und Gelenken erkennbar sind, können sich mit der Zeit Abnutzungs- und Verschleiss-Erscheinungen an den Wirbeln einstellen, die zu bleibenden Haltungsschäden führen.
Welches sind die Ursachen von Fehlbelastungen?
Andauernde Zwangshaltungen am Arbeitsplatz, am Schreibtisch oder bei schwerer körperlicher Arbeit sind die hauptsächlichen Ursachen von Fehlbelastungen. Auch das Tragen schwerer Lasten, falsche Sitzmöbel und Matratzen, falsches Schuhwerk und Übergewicht können der Auslöser von Rückenpro-blemen sein.
Schäden an der Wirbelsäule entstehen besonders leicht bei Menschen, deren Rückenmuskulatur zu schwach ist, um ausreichende Stabilität zu bieten. Bewegungsmangel und fehlender Ausgleichssport sind ebenfalls Ursachen für Haltungsschäden.
In einigen Fällen verbergen sich hinter der Fehlhaltung aber auch orthopädische Probleme des Knochenbaus. So können zum Beispiel unterschiedliche Beinlängen einen Schiefstand des Beckens verursachen, der dann die Wirbelsäule zwingt, diesen durch Krümmung auszugleichen.
Skoliose
Die seitliche Krümmung der Wirbelsäule wird Skoliose genannt. Normalerweise ist die Wirbelsäule nicht seitlich geneigt, Krümmungen in dieser Richtung sind immer Zeichen einer Fehlhaltung oder einer orthopädischen Erkrankung. Schaut man auf den Rücken, ist ein seitlich verschobener Wirbelverlauf gut zu erkennen. Einzelne Wirbelkörper können sich dabei in ihrer Achse drehen und an der Brustwirbelsäule zu einem Rippenbuckel führen. Die Ursache einer Skoliose ist oft eine unterschiedliche Beinlänge, wobei der resultierende Schiefstand der Hüfte eine ausgleichende Krümmung der Wirbelsäule bewirkt. Aber auch dauerhafte Fehlbelastung durch einseitiges Tragen schwerer Lasten kann über Verspannungen zur Skoliose führen.
Rundrücken
Unter einem Rundrücken versteht man die extreme Krümmung der Wirbelsäule im Brustbereich (Brust-Kyphose). Kopf und Schultern sind dabei nach vorne geneigt. Bei Jugendlichen ist ein häufiger Grund für die Buckelbildung die so genannte Adoleszenten-Kyphose (Morbus Scheuermann). Vor allem pubertierende Jungen sind in der letzten Phase des Grössenwachstums davon betroffen. Störungen bei der Entwicklung der Wirbelkörper führen dabei zu nach vorne abgeflachten Keilwirbeln. In extremer Ausprägung kann die starke Einengung der Lunge dabei zu Atemproblemen führen. Ursache des Morbus Scheuermann ist eine genetisch bedingte Stoffwechselstörung in Verbindung mit Bewegungsmangel und Fehlbelastungen.
Hohlkreuz
Als Hohlkreuz wird die verstärkte einwärts gerichtete Krümmung der Wirbelsäule am unteren Rücken bezeichnet (Lordose). Ist sie sehr stark ausgeprägt, kann die Funktion der Bauchorgane beeinträchtigt werden. Auch hier ist der frühzeitige Beginn der Krankengymnastik, am besten noch während des Wachstums, die wichtigste Massnahme. Ein Hohlkreuz kann auch in Kombination mit einem Rundrücken auftreten, was als Hohlrundrücken bezeichnet wird. Das Gegenteil davon ist der Flachrücken, bei dem die natürliche Doppel-S-Form der Wirbelsäule kaum noch zu erkennen ist.
Wie können Fehlhaltungen und Haltungsschäden vermieden werden?
Die Bauch- und Rückenmuskulatur stützt die Wirbelsäule wie ein Korsett. Durch regelmässiges Training sollte diese Stützmuskulatur gestärkt werden. Dazu gilt es, starke Belastungen des Rückens zu vermeiden.
Hier einige Regeln, für einen gesunden, schmerzfreien Rücken
So wenig wie möglich sitzen: Beim Sitzen sollte auf eine aufrechte Haltung geachtet werden. Am wichtigsten ist es, seine Sitzposition häufig zu wechseln, gegebenenfalls auch den Stuhl. Alle Dauerbelastungen beim Sitzen sollten vermieden werden.
Bewegen Sie sich regelmässig. Menschen, die viel in sitzender Position arbeiten, sollten extra Bewegungspausen einlegen.
Vorsicht beim Heben schwerer Lasten: Gegenstände sollten nah am Körper bei geradem Rücken aus den Beinen heraus gehoben werden. Die Belastung muss dabei gleichmässig auf beide Arme verteilt sein. Lasten sollten beim Tragen gleichmässig auf beide Schultern verteilt sein. Vermeiden Sie Drehbewegungen der Wirbelsäule beim Tragen. Achten Sie darauf, dass Kinder ihren Schulranzen korrekt eingestellt haben.
Gönnen Sie Ihrem Rücken Ruhepausen: Hinsetzen genügt nicht, um ihn zu entlasten. Nur beim flachen Liegen auf dem Rücken ist er vollkommen entspannt. Eine Rolle im Nacken, im Kreuz und unter den Kniegelenken ist zusätzlich angenehm.
Betreiben Sie rückenfreundliche Sportarten: Am besten geeignet ist Schwimmen, da die Muskulatur dabei ohne jede Belastung der Wirbelsäule gekräftigt wird. Velofahren mit aufrechtem Lenker und gut gefedertem Sattel sowie Joggen im richtigen Schuhwerk auf weichem Boden sind ebenfalls sehr empfehlenswert. Falls Sie Tätigkeiten mit erheblicher Belastung des Rückens planen, bereiten Sie sich durch entsprechende Übungen darauf vor. Ein Kaltstart beim Schneeschaufeln oder der Gartenarbeit kann Verletzungen und Schmerzen zur Folge haben.
Achten Sie auf einen rückenfreundlichen Arbeitsplatz: Schreibtisch, Spülbecken, Bügelbrett usw., sollten immer in angenehmer Höhe sein, Monitore in Augenhöhe. Leicht geneigte Tische sind gesünder als flach gestellte. Entwickeln Sie Techniken oder verwenden Sie Hilfsmittel, um sich so wenig wie möglich zu bücken. Vermeiden Sie längeres Stehen mit durchgedrückten Knien. Lehnen Sie sich - so oft es geht - an die Wand oder an den Türrahmen.
Kontrollieren Sie Ihr Gewicht: Übergewicht zählt zu den wichtigsten Risikofaktoren für Rückenleiden.
Erlernen Sie Entspannungstechniken: Sehr empfehlenswert sind die Progressive Muskel-Relaxation nach Jacobsen und Autogenes Training.
Krafttraining: Stärken Sie Ihre stützende Rücken- und Bauchmuskulatur!
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